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Friedenshalle der Künstler

Friedenshalle der Künstler

Helmut Mauró

Die Abwesenheit von Krieg ist nur ein Waffenstillstand. Wirklicher Friede ist eine tiefe Aussöhnung mit der Welt, ein freier Atem im offenen Raum. In der Balance von Schutz und Freiheit, Offenheit und Begrenztheit, Vertrautheit und Überraschung. In solchen Schwebezuständen, an solchen Grenzorten entsteht jener Friede, der persönliche Gefasstheit in ein umfassendes Glücksgefühl transzendiert. Auch der Grenzbereich von Natur und Zivilisation ist so ein Glücksort. Der gezähmte Wald steht dafür, verschafft Menschen einen Zustand des Friedens, der Beschütztheit und Geborgenheit in einem größeren Ganzen.

Eine der ältesten Bauformen scheint beinahe unmittelbar aus der Architektur des Waldes hervorzugehen: die frei stehende Säulenhalle, die antike Stoa. Sie symbolisiert nicht nur die Grenze von Natur und Zivilisation, sie ermöglicht auch dieses transzendentale Grenzerlebnis. Sie ist immer ein öffentlicher Raum und ein aufwendiges und im Verhältnis dazu doch wenig nützliches Gebäude. Sie schützt vor Sonne und Regen, aber darin wohnen kann man nicht.

Das Konzept der Säulenhalle zielt nicht auf konventionelle Nutzbarkeit, es richtet sich nicht auf einen alltäglichen Nutzen, sondern auf einen allgemeinen spirituellen Vorteil. Und so hat sich die Stoa durch die Jahrhunderte in den verschiedensten Religionen manifestiert, vom antiken Tempel bis in die christlichen Kathedralen. Darüber hinaus lebt sie in den Domen der Moderne weiter, in Industriehallen und Untergrundbahnhöfen. In den Markthallen des Verkehrs, der Produktion und des Handels aber verliert die Säulenhalle ihre spirituelle Kraft, denn die neuen Nutzer haben die heilige Halle zum Funktionsbau herabgestuft. Die Urgewalt des Ortes, die in der Stoa gebündelt wirkt, setzt die Leere des Ortes voraus.

Die konkrete Offenheit des Gebäudes wie auch die Erwartungslosigkeit dessen, der Besinnung sucht. Insofern lebt die Stoa als kontemplatives Zentrum in jedem spirituell geprägten Menschen fort, in jedem Künstler, in jedem Kunstwerk. Das Kunstwerk, das in die Zukunft gerichtet ist, mit dem Jahrtausende alten architektonischen Gedächtnis der Stoa zu synchronisieren, das ist Friedensanstrengung und spiritueller Lohn. Wenn die großen Künstler unserer Zeit solch eine Säulenhalle gestalten, dann pflanzen sie damit nicht nur Bäume des Friedens und der Versöhnung der Völker, sondern sie teilen diesen Frieden mit jedem, der sich diesem Ort schieren Menschseins nähert.